KISS
STED mit intrinsischer Strahlüberlagerung (KISS)
Wissenschaftliche Vorprojekte – Erkenne die Anfänge: Wer frühzeitig innovative Ideen testet, ist später ganz vorn dabei!
Grundlage technologischer Innovationen sind der Entdecker- und Erfindergeist des Menschen. Die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung erschließt der menschlichen Erkenntnis permanent vormals unbekannte und unverstandene Wirkungsweisen der Natur. Viele dieser naturwissenschaftlichen Erkenntnisse lassen sich für technische Zwecke nutzen. Mit der Förderinitiative „Wissenschaftliche Vorprojekte (WiVoPro)“ innerhalb des Förderprogramms „Photonik Forschung Deutschland“ verfolgt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Ziel, diejenigen neuen Erkenntnisse aufzugreifen, die mittelfristig eine Verwertbarkeit für neue Technologien versprechen. Beispiele hierfür sind die Quantenoptik oder photonische Metamaterialien, die gerade beginnen, der reinen Grundlagenforschung zu entwachsen und Potenziale für konkrete Anwendungen aufzeigen. Neue Ergebnisse der Grundlagenforschung sind hinsichtlich ihres späteren Marktpotenzials oft kaum zu beurteilen. Es besteht somit die Notwendigkeit, durch wissenschaftlich-technische Vorarbeiten eine Grundlage zu schaffen, die eine Bewertung ermöglicht, welches Potenzial in der neuen Erfindung bzw. der neuen wissenschaftlichen Erkenntnis tatsächlich steckt. Oft muss dabei schnell reagiert werden, denn je früher den interessierten Unternehmen die Bedeutung des neuen Themas plausibel gemacht werden kann, desto eher werden diese in das neue Thema investieren und versuchen ihre Marktchancen zu nutzen. Wissenschaftliche Vorprojekte leisten somit einen wichtigen Beitrag zu einem schnellen Transfer neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in innovative Produkte.
Superauflösende Mikroskopie in den Biowissenschaften
Die mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Stimulated-Emission-Depletion (STED) Mikroskopie wird als ein Durchbruch in der optischen Fernfeldmikroskopie angesehen. Gerade in den Biowissenschaften bedeutet die Verbesserung des Auflösungsvermögens von 300 nm auf unter 60 nm einen wichtigen Meilenstein in der Bildgebung lebender Proben. Denn viele Zellbestandteile werden erst durch die Au ösungssteigerung sichtbar bzw. können damit sicher identifiziert werden. Die Etablierung von STED spiegelt sich in der Kommerzialisierung durch Mikroskopiefirmen ebenso wider wie auch in der reichen Vielfalt an neuen Spielarten wie z.B. cw-STED, g-STED und andere. Trotzdem stellen fundamentale Probleme große Hindernisse für die breite Anwendung in der Biophotonik dar. Zum einen sind die hohen Laserleistungen physiologisch bedenklich, zum anderen erfordert die exakte Überlagerung der beiden Laserstrahlen ein hohes Maß an Erfahrung und technischen Fähigkeiten im Umgang mit optomechanischen Laboraufbauten. Kommerzielle Anbieter von STED-fähigen Mikroskopen reagieren auf die Komplexität, indem sie in ihre Produkte möglichst viele Automatismen integrieren, die dem Endnutzer durch die eingebaute Intelligenz die Arbeit abnehmen und ihn dadurch entlasten. Daher limitieren die genannten Nachteile heute den Einsatz von STED in der Biophotonik entweder auf optisch gut ausgebildete Nutzer oder wegen der hohen Anschaffungskosten auf finanzstarke Institutionen.
STED für Nichtspezialisten
Ziel des Projekts KISS (Key to intrinsically self-aligned STED) ist die Reduktion der Komplexität von STED, so dass auch optisch wenig versierte Endnutzer ohne Zugang zu einem kostenintensiven Gerät auf die Vorteile der superauflösenden Mikroskopie nicht verzichten müssen.
Die Komplexität von STED liegt darin, dass zwei Laserstrahlen benötigt werden: ein Anregungslaser, der ein eiförmiges Volumen in der Probe zur Fluoreszenz anregt, und ein STED-Laser, der durch eine spezielle Strahlformung die Randbereiche des Anregungsvolumens stimuliert abregt. Nur im Fall, dass beide Strahlen in der Probe exakt, d.h. auf wenige Nanometer genau überlagert werden, wird eine gute Auflösungssteigerung erzielt. Es existieren bereits Ansätze, diese Schwierigkeit der Überlagerung durch optische Ingenieurskunst technisch zu lösen. Das Projekt KISS setzt eine Ebene tiefer an und greift direkt in den physikalischen Prozess ein. Die An- und Abregung der Fluoreszenz wird so aufeinander abgestimmt, dass deren nanometergenaue Überlagerung nicht mehr entscheidend zu der Auflösungssteigerung beiträgt. Diese liegt vielmehr intrinsisch vor und ist nahezu unabhängig vom technischen Können des Benutzers oder der eingebauten Intelligenz eines Geräts gewährleistet. Die so vereinfachte Handhabung eines STED-fähigen Mikroskops wird die Superauflösung einem größeren Nutzerkreis in den Biowissenschaften sowie für breit angelegte klinische Studien öffnen.