Kerr-Band-Schalter
Erforschung eines neuartigen passiven optischen dielektrischen Schalters für die Modenkopplung in UKP-Lasern (Kerr-Band-Schalter)
Wissenschaftliche Vorprojekte – Erkenne die Anfänge: Wer frühzeitig innovative Ideen testet, ist später ganz vorn dabei!
Grundlage technologischer Innovationen sind der Entdecker- und Erfindergeist des Menschen. Die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung erschließt der menschlichen Erkenntnis permanent vormals unbekannte und unverstandene Wirkungsweisen der Natur. Viele dieser naturwissenschaftlichen Erkenntnisse lassen sich für technische Zwecke nutzen. Mit der Förderinitiative „Wissenschaftliche Vorprojekte (WiVoPro)“ innerhalb des Förderprogramms „Photonik Forschung Deutschland“ verfolgt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Ziel, diejenigen neuen Erkenntnisse aufzugreifen, die mittelfristig eine Verwertbarkeit für neue Technologien versprechen. Beispiele hierfür sind die Quantenoptik oder photonische Metamaterialien, die gerade beginnen, der reinen Grundlagenforschung zu entwachsen und Potenziale für konkrete Anwendungen aufzeigen. Neue Ergebnisse der Grundlagenforschung sind hinsichtlich ihres späteren Marktpotenzials oft kaum zu beurteilen. Es besteht somit die Notwendigkeit, durch wissenschaftlich-technische Vorarbeiten eine Grundlage zu schaffen, die eine Bewertung ermöglicht, welches Potenzial in der neuen Erfindung bzw. der neuen wissenschaftlichen Erkenntnis tatsächlich steckt. Oft muss dabei schnell reagiert werden, denn je früher den interessierten Unternehmen die Bedeutung des neuen Themas plausibel gemacht werden kann, desto eher werden diese in das neue Thema investieren und versuchen ihre Marktchancen zu nutzen. Wissenschaftliche Vorprojekte leisten somit einen wichtigen Beitrag zu einem schnellen Transfer neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in innovative Produkte.
Optische Hochleistungskomponenten für den Durchbruch der Ultrakurzpulslaser-Technologie
In den letzten Jahren haben Ultrakurzpulslaser (UKP-Laser) einen immer höheren Stellenwert erfahren. Deren wesentlicher Vorteil im Vergleich zu Lasersystemen mit längeren Pulsdauern ist der schnelle Energieeintrag, der zeitlich kürzer ist als die thermische Diffusion der Energie durch das zu bearbeitende Material. Auf diese Weise wird die thermische Schädigung des Materials minimiert. So kann eine deutlich höhere Präzision erreicht werden, als dieses bei der Anwendung längerer Pulsdauern der Fall wäre. Im medizinischen Bereich ermöglicht die lokalisierte Energiedeposition neue schonende Verfahren, bei denen das umgebende Gewebe kaum geschädigt wird. Dennoch ist das Anwendungsfeld von UKP-Lasern häufig durch deren komplexen Aufbau und den damit verbundenen hohen Preis limitiert. Zudem lassen sich mit den derzeit verfügbaren UKP-Laserquellen oftmals nur Wellenlängen im infraroten Spektralbereich erzeugen. In diesem Forschungsprojekt soll mit dem sog. „Kerr-Band-Schalter“ ein alternatives und grundlegend neues Modenkopplungskonzept – eine Kernkomponente im Aufbau eines UKP-Lasers – umgesetzt werden, welches die zuvor genannten spezifischen Nachteile der UKP-Technologie teilweise kompensieren und damit neue Impulse für einen der wichtigsten Wachstumsmärkte der Lasertechnologie geben könnte.
Schnelle Schalter durch präzise ausgelegte Mehrschichtsysteme
Zielstellung des Projektes ist die Erforschung und Demonstration von schnellen dielektrischen optischen Schaltern, deren Schaltvorgang auf dem Kerr-Effekt in Dünnschichtsystemen basiert. Der Kerr-Band-Schalter besteht dabei aus einem dielektrischen Schichtsystem, in das, je nach spektraler Spezifikation, eine oder mehrere kerraktive Schichten eingebettet sind. Bei der Einwirkung von hohen Lichtintensitäten ändern diese ihren Brechwert geringfügig, wodurch das Übertragungsverhalten der Komponente beeinflusst wird. Neben Realisierung der eigentlichen Komponente steht die Demonstration ihrer Eignung für die Modenkopplung in einem UKP-Laser im Vordergrund der Arbeiten.
Heute kommerziell erhältliche UKP-Systeme verwenden für die Modenkopplung in der Regel sog. SESAMs (Semiconductor-Saturable-Absorber Mirror). Diese Schalter basieren auf der sättigbaren Absorption einer Halbleiterschicht, die in den meisten Fällen aus InGaAs-Gemischen besteht und damit aufgrund der materialspezifischen Bandkanten auf enge Spektralbereiche begrenzt ist. Mit dem Kerr-Band-Schalter soll hier ein alternatives Modenkopplungskonzept umgesetzt werden, welches dieser Einschränkung nicht unterliegt, weil die Schichten bis in den ultravioletten Spektralbereich transparent sind. Zudem weist der Kerr-Band-Schalter eine sehr schnelle zeitliche Schaltcharakteristik auf, und die Zerstörschwellen liegen um mehr als eine Größenordnung höher als die von Halbleitermaterialien. Zuletzt kommt hinzu, dass der Kerr-Band-Schalter aus amorphen dielektrischen Gläsern aufgebaut ist, wodurch kein epitaktisches Wachstum der Schichten erforderlich ist und ungiftige Materialien verwendet werden können. Somit können die Komponenten potenziell preisgünstig und flexibel auch auf gekrümmten Substraten hergestellt werden.